Dienstag, 20 März 2007 20:41

Europa-Mannschaftsmeisterschaft 2007

geschrieben von Edmund Lomer

9. Europäische Senioren-Mannschaftsmeisterschaft Dresden 16.-24.02.2007
Edmund Lomer, Eckernförde

Einmal im Leben: Viktor Korchnoi als Gegner am Brett

Ebenso wie im Vorjahr reiste eine Seniorenmannschaft aus Schleswig-Holstein in das reizvolle Dresden, um das nördlichste Bundesland beim Treffen der Europäischen Senioren-Schachelite gut zu vertreten.
Erste Aufgabe des Berichterstatters war es, vier Mitstreiter für dieses attraktive Turnier zu gewinnen, und es gelang! Mit Franz Felser/VSF Flintbek, Wolfgang Göbel/Flensburger SK, Claus Langmann/Eckernförder Schachklub und Bernd Schramm/Kieler SG trat ein gut harmonisierendes Team an, das sich angesichts der zumeist deutlich ELO- höherwertigen Gegnerschaft recht wacker schlug.
Um den begehrten Titel spielten 52 zumeist hervorragend besetzte Mannschaften mit insgesamt 240 Teilnehmern aus 12 Nationen 9 Runden nach Schweizer System. Als hohe Favoriten galten die russischen Vertreter Stiller Don Rostov (ELO-Schnitt 2453) sowie Central District Moskau (ELO-Schnitt 2428) mit den Großmeistern Vital Tseshkowsky (2520) bzw. Evgeni Vasiukov (ELO 2499) an den Spitzenbrettern. Auch Deutschland war mit den GM Wolfgang Uhlmann (2422), Hans-Joachim Hecht (2396), IM Klaus Klundt (2374) sowie GM Burkhard Malich (2399) zu beachten. Zweifellos attraktivster Spieler des Turniers war Seniorenweltmeister GM Dr. Viktor Korchnoi (2629) am Spitzenbrett der Schweiz. Er blieb diesmal ungeschlagen und revanchierte sich für seine einzige Niederlage im Vorjahr gegen GM Heikki Westerinen (2402).

Turniersieger wurde nach neun Runden Stiller Don Rostov mit GM Vital Tseshkovsky (2520), GM Nikolai Pushkov (2522), IM Alexander Zakharov (2393) und IM Vladimir Karasev 2378) mit 16:2 Mannschaftspunkten vor Central District Moskau (15:3 MP), VIS Odessa (Israel), Schweiz ( je 13:5 MP), Wien sowie Deutschland mit je12:6 MP.

Nach Setzliste auf Rang 31 eingeordnet (Brettfolge nach ELO-Zahl: Lomer (2138), Göbel (2124), Schramm (2109), Felser (2041)und Langmann (1987), gelang es uns nicht, diesen Plazierung zu halten oder gar zu verbessern – der erreichte Platz 41 für Schleswig-Holstein war doch etwas enttäuschend.
Die besten Einzelergebnisse erzielten Franz Felser mit 3,5 aus 7 und Edmund Lomer mit 3,5 aus 8Partien. Alle anderen Spieler verbuchten 2,5 Punkte aus 7 Partien.

Von Runde zu Runde:

Gleich Runde 1 bescherte uns die starke Schweiz mit GM Viktor Korchnoi am Spitzenbrett. So war ein heimlicher Wunsch des Chronisten erfüllt - wann bekommt man schon die Gelegenheit, gegen diesen Gegner spielen zu können!
Die klare 0,5 : 3,5 - Niederlage schmerzte nicht wirklich; neben Edmund Lomer (Partie siehe unten) verloren Bernd Schramm sowie Franz Felser, während Wolfgang Göbel ein hochverdientes Remis erreichte.

Bereits in Runde 2 wurde Sachsen II ebenso deutlich mit 3,5 : 0,5 bezwungen, wobei Edmund Lomer, Wolfgang Göbel sowie Claus Langmann ihre Spiele gewannen, während Bernd Schramm remisierte.

Die 3. Runde brachte uns mit Baden wieder einen starken Gegner: Es gab das Standardergebnis, allerdings diesmal umgekehrt: 0,5 : 3,5, wobei Edmund Lomer, Wolfgang Göbel und Claus Langmann verloren, während Franz Felser für das Ehrenremis sorgte.

In der 4. Runde schaffte unser Team den zweiten Mannschaftssieg. Durch Gewinne von Edmund Lomer und Franz Felser bei einem Remis von Claus Langmann sowie der Niederlage von Bernd Schramm wurde Norwegen III verdient mit 2,5 : 1,5 bezwungen.

In Runde 5 hatten wir gegen das gut besetzte Württemberg wenig Chancen und verloren 0,5 : 3,5, wobei Franz Felser erneut das einzige Remis erreichte, während Wolfgang Göbel, Bernd Schramm sowie Claus Langmann gegen ihre namhaften Gegner verloren.

Auch in Runde 6 gab es kein Erfolgserlebnis für uns: Gegen Mattador Mittelrhein zogen wir mit 1,5 : 2,5 den Kürzeren, wobei Edmund Lomer besonders ärgerlich mittels Damenfang verlor. Auch Wolfgang Göbel wurde nach guter Eröffnung klar überspielt, während Franz Felser gewann und Bernd Schramm remis spielte.
Endlich, endlich gab es in der 7. Runde wieder einen Mannschaftssieg: Mecklenburg-Vorpommern wurde mit 2,5 : 1,5 bezwungen. Edmund Lomer gewann problemlos, während Bernd Schramm eine kritische Position zum Siege führte und Claus Langmann in guter Stellung durch einen Fehlzug verlor. Wolfgang Göbel steuerte ein wichtiges Remis zum Mannschaftssieg bei.

In der 8. Runde endeten alle Partien zum ersten Mal friedlich, allerdings keineswegs ohne Kampf! Gegen Sachsen I spielten Edmund Lomer, Wolfgang Göbel, Franz Felser und Claus Langmann remis, nachdem hier und da kleinere Gewinnchancen nicht genutzt werden konnten.

Der gute Wille war bei allen von uns da, in der 9. Runde mit einem Sieg gegen England II
das Punkteverhältnis auszugleichen und mit dann 9:9 Mannschaftszählern eine ordentliche Plazierung zu erreichen. Leider aber liess es unser Gegner nicht zu: Edmund Lomer hatte gegen seinen zweiten prominenten Gegner IM Robert Wade im Endspiel keine Chance und auch Franz Felser verlor sein Spiel. Bernd Schramm und Claus Langmann erreichten verdiente Remis.

Diesen Bericht soll die Partie des Chronisten gegen Viktor Korchnoi abrunden.
Weiß: GM Dr. Viktor Korchnoi /Schweiz (ELO: 2629)
Schwarz: Edmund Lomer / Schleswig-Holstein (ELO: 2138)
Torre-System

1.d4, Sf6 2.Sf3, e6 3.Lg5, c5 4.e3, cxd4 5.exd4, Da5+ (häufig wird hier b6; Ld3, Lb7; Sbd2, Le7; 00, 00; Te1, d6 gespielt, aber gegen diesen Gegner ist à la carte-Spiel wenig angebracht) 6.c3, Le7 7.Ld3, Sc6 8.00, 00 9.Sbd2, d6 10.Te1, Te8 11.Sc4, Dd8 12.a4, g6!? ( das geplante Sd5 lädt zur Königsattacke ein – in der späteren Analyse gab es für diesen Zug Anerkennung vom GM) 13.h3, Sh5 (Zeitverbrauch 40 zu 38 Minuten) 14.Lc1 (Weiß vermeidet entlastenden Tausch), Ld7 15.g4, Sf6 (Sg7 nebst f5 wäre wegen Db3 weniger gut) 16.Lf4, Lc8 17.Lg3, Sa5 18.Se3, b6 19.b4, Sc6 20.a5, Lb7 (nach bxa5 erdrückt b5! die schwarze Stellung) 21.a6, Lc8 22.d5, exd5 (vielleicht ist hier Sc8 vorzuziehen: auf dxe folgt Lxe6, andernfalls spielt Schwarz e5) 23.Lb5, Ld7 24.Sxd5, Sxd5 25.Dxd5, Tc8 26.Tad1, Lf8 (natürlich nicht Le6?? und die Stellung wird mittelsTxe6! zertrümmert) 27.Sg5, Txe1+, 28.Txe1, Df6 29.Se4, De6 (verliert zwar einen Bauern, scheint aber das kleinere Übel zu sein – noch bleibt die Position fest) 30.Dxe6, Lxe6 31.Sxd6, Lxd6 32.Lxd6, Td8 33.Lf4, Sb8 (die folgende Finesse wirft Schwarz nicht um) 34.Lc7, Tc8 35.Lxb6!, axb6 36.a7, Ld5 37.c4, La8 (Sc6 war kaum besser) 38.axb8T (man beachte den Humor des GM, dessen ansonsten meist finstere Mine sich aufhellte), Txb8 39.Td1, Lf3 (Fazit: Weiß hat bei leider gleichen Läufern einen Mehrbauern; aber noch scheint das Spiel haltbar) 40.Td3, Le4 41.Td4, Lc2 (f5 war vielleicht ein Versuch wert) 42.f3, h6 43.Kf2, Kg7 44.Td6, Kf8 (der erste ernsthafte Fehler! Schwarz mußte g5 spielen und es kann noch länger dauern) 45.Ke2, Ke7?? (übersieht die Läufer-Mausefalle) 46.Td2 und Schwarz gab auf.

Dr. Gerhard Schmidt leitete gemeinsam mit zahlreichen Helfern das Mammutturnier gewohnt souverän, ihm gebührt ein herzliches Dankeschön! Das vielseitige, von Frau Dr. Schmidt organisiertes Rahmenprogramm bot interessante Möglichkeiten für fast jeden Geschmack:
Besichtigungen (z.B. in das neue Grüne Gewölbe), Ausflüge in die nähere Umgebung oder ein Besuch bei der Czardasfürstin im Operettentheater sorgten für genügend Aktivitäten ausserhalb der Schachbretter. Auch ihr danken wir herzlich für die gute Betreuung.

Einige nutzten auch die gute Gelegenheit, die Schachvilla von Monika und Manfred Mädler im Villenvorort Blasewitz aufzusuchen – eine reichhaltige Bibliothek, Schachspiele und –utensilien aller Art laden zum Stöbern und Entdecken ein.
Fazit: Dresden ist stets nicht nur eine Reise wert!

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