Donnerstag, 03 Juli 2008 15:11

DFMM der Landesverbände in Braunfels

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Bericht von der diesjährigen DFMM der Landesverbände 2008 in Braunfels vom 29.05. bis 01.06.2008

Schleswig-Holstein platziert sich erfolgreich in der Mitte Deutschlands

(bei theoretischer Teilnahme aller Landesverbände)

Nun war es wieder soweit. Das Turnier der diesjährigen DFMM 2008, was eher bekannt ist als das Braunfels-Turnier, stand vor der Tür. Neben den sehr erfahrenen Braunfelsspielerinnen Ursula Hielscher, Sonja Willrodt und Anke Freter waren auch 2 Braunfels-Frischlinge mit von der Partie, Christine Reimers und Inga Marx. Komplettiert wurde unsere Mannschaft durch Natalie Fishkin, Maria Franzenburg, Sabrina Schlüter und mich, Nadine Krumbke.

Unsere Anreise, unsere Unterkunft, unsere Abreise sowie die Abholung durch unsere Braunfelser Schachfreunde vom Bahnhof in Wetzlar, wurde wie immer perfekt von Britta Leib organisiert.

Ein wenig zu bemitleiden war allerdings Ulla, die nicht nur allein mit dem Auto anreisen musste, nein, sie hatte an diesem 29.05.2008 auch noch Geburtstag. Aber auch nach mehreren Telefongesprächen mit der Mannschaft kurz vor dem Turnier wie auch während der Anreise schien es so, als hätten alle ihren Geburtstag vergessen. Natürlich nur für Ulla, denn Maria hatte sich im Vorfeld bereits um alles gekümmert: Kuchen, ein Geschenk und auch der Ausrichter war informiert, von welchem Ulla während der Eröffnung einen sehr schönen Blumenstrauß überreicht bekam. Kurz vor der Eröffnung trafen wir uns alle in unserem Gästehaus, um uns den Geburtstagskuchen schmecken zu lassen. Den Sekt mussten wir leider auslassen, da Alkohol ja nicht erlaubt ist (und für Schwangere schon gar nicht *grummel*). Ulla war sichtlich positiv überrascht.

Und dann stand um 16:00 Uhr auch schon die erste Runde an. Natürlich hofften wir, einen Gegner zu bekommen, der auch eine weite Anreise hinter sich hatte, um unsere Chancen auf einen Sieg zu steigern. Aber weit gefehlt. Wir mussten gegen Hessen spielen, ausgerechnet gegen den Ausrichter. Wir gingen relativ erwartungslos in dieses Spiel, da unser Ziel des Turniers, vor Bayern zu landen, von Bayern selbst durch ihren Nichtantritt zunichte gemacht wurde. Also wollten wir einfach nur so gut wie möglich spielen. Anke gewann ihre Partie souverän. Es folgten die Patzer von Sabrina, Inga und mir. Als sich Sonja, Natalie und Ulla von ihren Gegnern mit Remis trennten, hatten wir zwar knapp mit 3,5:4,5 verloren, waren aber trotzdem mit der Mannschaftsleistung zufrieden, denn Hessen war nicht nur ausgeruhter als wir, sondern DWZ-mäßig an jedem Brett überlegen. Und dafür haben wir gut gekämpft.

Als Belohnung für unseren Kampfgeist ließen wir den Abend beim Chinesen gemütlich ausklingen.

Untergebracht waren wir auch in diesem Jahr wieder im Gästehaus von Richard Böhm. Das wird sich so schnell auch nicht ändern, denn durch diese Art der Unterkunft haben wir als Mannschaft zueinander gefunden und uns kennen gelernt.

Am 30.05.2008 hieß unser Gegner der zweiten Runde Sachsen-Anhalt. Und hier haben wir uns sehr gute Chancen auf einen Sieg ausgerechnet, da die Spielerinnen an fast jedem Brett schwächer waren als wir. Guter Dinge und auf unsere ersten 2 Mannschaftspunkte hoffend, setzten wir uns an die Bretter und spielten los. Es folgte ein Debakel. Wir vergaben nicht nur nach kurzer Zeit unsere 1:0-Führung (denn S-A trat in dieser Runde nur mit 7 Spielerinnen an und Maria hatte dadurch kampflos gewonnen), auch an fast allen Brettern brachen unsere Festungen ein. Nur Anke, die gewann und Natalie, die Remis spielte, hielten unsere Fahne nach oben. Eine bittere 2,5:5,5-Niederlage war die Folge. Ausgesetzt hat in dieser Runde Sonja, die später ins Spiellokal kam und nur noch unsere letzten schachlichen Atemzüge gegen diese wohl doch nicht zu unterschätzende Mannschaft mitbekam.

Völlig deprimiert beschlossen wir eine Kleinigkeit zu essen. Dieser Gang ähnelte dem Verlauf unserer Verlustpartien. Wir gingen zunächst zielstrebig Richtung Straße. Bei unserem Chinesen angekommen, grübelten wir uneinig über die Möglichkeit des gemütlichen Sitzens an einer Straße und entschieden uns letztendlich, den gesamten Weg zurück zu laufen, den Berg bis ganz nach oben zu steigen, um im Restaurant "Zum Turm" zu speisen. Unsere Partien endeten mit unserer Aufgabe. Ähnlich verhielt es sich mit dem Essen in dieser Einrichtung. Es begann mit dem Lesen der Spargelkarte (wobei mich Christine später aufklärte, dass diese Art von Kombinationskarten üblich wäre). Das Kombinieren ist nun mal nicht meine Stärke, denn alle stiegen hinter dieses Geheimnis, nur ich habe es bis zum Schluss nicht verstanden. Aber mit einem Menüpunkt konnten wir alle nichts anfangen. "neue Kartoffeln"... Hmh ... Sind damit Frühlingskartoffeln gemeint? Ist das eine neue Sorte von Kartoffeln? Wenn ja, müsste "neue" dann nicht groß geschrieben werden, weil es dann ein Eigenname wäre? Oder sollten es tatsächlich neue Kartoffeln sein und keine alten? Wir fragten die junge, nette aber leider völlig überforderte Bedienung. Als wir die Antwort erhielten, dass diese Kartoffeln an diesem Morgen frisch geschält und gekocht wurden, waren wir sprachlos, denn diese Möglichkeit hatten wir nicht in Betracht gezogen. Wir ließen uns also überraschen. In meinem Kombinationswahn hatte ich mir noch eine Spargelcremesuppe als Vorspeise bestellt, die offensichtlich vergessen wurde. Stattdessen bekamen wir 3 x Spargel ohne Schinken und einmal mit Schinken, obwohl wir es genau anders herum bestellt hatten. Wir forderten den fehlenden Schinken sowie meine vergessene Suppe ein. Als ich meine Suppe bekam, bereute ich es schnell wieder. Jeder weiß, dass ich sehr mäkelig bin. Aber wenn eine Suppe nach nichts anderem als nach Mehl schmeckt und selbiges deutlich als Solches vom Löffel pfropft, kann es nicht an mir liegen, wenn diese Suppe nicht schmeckt.

Zurück zu den Kartoffeln. Was immer das auch für Kartoffeln waren; sie waren definitiv nicht neu! Im Gegenteil. Sie sahen alt und schrumpelig aus und gesalzen waren sie auch nicht. Das reinste Debakel, um den Kreis zu unseren Partien zu schließen.

Aber kommen wir wieder zum schachlichen Teil des Berichts. Die 3. Runde stand an. Es ging gegen das Saarland. Durch den Dämpfer gegen S-A gingen wir diesmal nicht ganz so optimistisch an die Sache heran. Aber zu unserer aller Freude bügelten wir das Saarland mit 7:1 weg. Bis auf Sonja, die laut eigener Aussage solidarisch ihre Verlustpartie der letzten Runde nachholen wollte, gewannen alle ihre Partien. Christine setzte in dieser Runde, wie auch schon in der ersten Runde, aus.

Aber dieser Tag war noch nicht zu Ende. Wenn wir Schleswig-Holsteinerinnen (und Zugezogene) bei annähernd jedem Wetter unsere Wege zu Fuß bestreiten, entschieden wir uns diesmal kurz vor 21:00 Uhr bei strömendem Regen und tosendem Gewitter mit Ullas Auto zum alljährlichen Blitzturnier zu fahren. Wir traten in diesem Jahr zu viert an. Während Ulla und Sonja in der 2. Vorgruppe spielten, gesellten sich Christine und ich in die 3. Vorgruppe. Insgesamt gab es 3 Vorgruppen à 7 Spieler, macht insgesamt 21 Mitstreiter. Nach den Vorrunden landeten Ulla, Sonja und Christine in der "Patzergruppe" und ich aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen und dank meines Gastbonus in der Spitzengruppe. Ich belegte Platz 6, war also nicht mal Letzter (ich habe nur gegen einen Spieler gewonnen und dieser war dann der 7.), und gewann eine Thermoskanne. Aber auch die anderen 3 Mitspielerinnen gingen nicht leer aus. Die Stimmung war super und man muss positiv anmerken, dass sich in diesem Jahr kein Teilnehmer betrunken hatte.

Unser Gegner der 4. Runde am 31.05.2008 stand fest. "Berlin, Berlin ... wir schlagen heut Berlin". Keine einfache Aufgabe. Ulla hatte schon gute Vorarbeit geleistet, was das Mürbemachen ihrer Gegnerin anbelangt (Insider wissen, was ich meine) und so erkämpfte sie ein Remis. Sonja und Sabrina schlossen sich dem an und Christine und Natalie konnte ihre Partien gegen diese starken Gegner sogar gewinnen. Durch Ankes Punktabgabe stand es nun 3,5:3,5. Eigentlich konnte man davon ausgehen, dass Schleswig-Holstein diesen Kampf gewinnen würde, denn ich hatte mir eine ganze Figur gegen einen Bauern erspielt. Es war diese Art Partie, unter der man normalerweise den Satz "Der Rest ist Frage der Technik" findet. Es gab wahrscheinlich 20 Gewinnmöglichkeiten für mich. Doch ich fand die einzige Abwicklung, die die Partie ganz sicher remisierte. Ich sage nur Läufer, Randbauer, falsches Umwandlungsfeld ... So endete dieser Mannschaftskampf 4:4.

Zu meiner Verteidigung ist Folgendes zu sagen: Jedes Mal, wenn die Partie gewonnen schien, passierte etwas äußerst Merkwürdiges. Mal fing es plötzlich an zu stürmen, ein anderes Mal donnerte es heftigst, aber das Kurioseste, was dann ungefähr im 31. Zug geschah, wird mir wahrscheinlich nie wieder passieren. Zu Beginn der Runde hatte sich eine kleine Meise im Turniersaal verirrt. Der Saal war sehr hoch, so dass ich immer nur dachte, dass es in Hessen ziemlich laute Vögel gab. Aufmerksame Beobachter konnten aber erahnen, dass die kleine Meise ständig nach ihren Freunden draußen in der Freiheit schrie. Und dann flog diese kleine Meise seelenruhig an mein Brett und saß keine 30 cm von mir entfernt. Wie alle anderen Zuschauer war ich sehr erstaunt und konnte meine Augen nicht mehr von diesem süßen Vogel lassen. Leider war das Timing sehr ungünstig, da ich nur noch 10 Minuten Zeit hatte und meine Gegnerin 7 Minuten. Und als die Meise dann wegflog, hatte sich auch der Gewinn wieder etwas weiter entfernt. Zurück zum Spiel. Leider vergab ich diese gewonnene Partie ins Remis und damit den Mannschaftssieg. Aber alle trösteten mich nach dem Spiel und auch nach dem Turnier mit dem Argument, dass Berlin ohne diese Punkteteilung nicht Vizemeister geworden wäre. Und das gönnten wir ihnen.

Aber der Abend war noch jung. Was sollten wir also im verschlafenen Braunfels tun? Wie wäre es mit griechisch essen gehen? Gute Idee beschlossen wir Erwachsenen. Während Sabrina, Maria und Inga sich im Haus ihren drei Pizzen hingaben, nahmen wir anderen also einen Platz beim Griechen ein. Dieser befindet sich übrigens direkt neben dem Mehlsuppen-neu-alte-Kartoffel-Imbiss. Das Essen war fantastisch und ursprünglich wollten wir dem Koch des eben erwähnten Imbisses anbieten, einen Kochkurs bei diesem griechischen Koch zu belegen. Diese Idee verwarfen wir aber schnell wieder.

Unser letzter Gegner an diesem 1.6.2008 für die 5. Runde hieß Württemberg. Wir befanden uns in folgender Situation: Unser ursprüngliches Ziel vor Bayern zu landen, war nicht einhaltbar, wir spielten nicht um die ersten 3 Plätze, der Klassenerhalt war geschafft und wir hatten unserem Lieblingsgegner Berlin eine gute Möglichkeit eröffnet. Ein neues Ziel musste her. Nicht schlechter platziert zu sein als im Vorjahr. Sollte in dieser letzten Runde das Saarland gegen S-A gewinnen, wären wir sogar Vor-Vorletzter. Aber das lag nicht in unserer Hand. Wir mussten feststellen, dass Württemberg sehr stark besetzt war. Aber wir kämpften bis zum Schluss. In dieser 5. Runde kassierten wir die höchste Niederlage des Turniers. Bis auf Christine und Maria, die ein Remis erkämpften und Sabrina, die in dieser Runde aussetzte, verloren alle anderen ihre Partien. Und so endete diese Runde mit einer 1:7- Niederlage.

Aber das Ziel war erreicht. Wir landeten auf dem 9. Platz, vor dem Saarland, die gegen S-A verloren. Nimmt man diese Platzierung genau, so kann man sagen, dass bei einer theoretischen Teilnahme aller Landesverbände, Schleswig-Holstein sich in der oberen Hälfte platziert hat.

Den Meistertitel holte in diesem Jahr NRW. Vizemeister wurde Berlin. Und Titelverteidiger Baden wurde 3. Wir gratulieren den Gewinnern.

Obwohl das Ergebnis unseres Landesverbandes nicht ganz so berauschend war wie erhofft, möchten wir anhand einer von Marias Partien deutlich machen, dass wir keineswegs in diesem Turnier untergegangen sind, sondern gut mithalten konnten und richtig schöne Partien dabei herausgekommen sind. Bitte schaut euch die folgende Partie an. Es lohnt sich. Insbesondere der Schluss.

Es war die erste Runde gegen Hessen. Maria hatte Weiß und spielte gegen Jutta Ries:

1.e4 Sf6 2.e5 Sd5 3.c4 Sb6 4.d4 d6 5.f4 dxe5 6.fxe5 Lf5 7.Sf3 e6 8. Sc3 Le7 9. Le2 O-O 10. O-O Sc6 11.Le3 Lg6 12.a3 Dd7 13. Ld3 Lxd3 14. Dxd3 Tad8 15. Se2 Sa5 16. Sg5 Lxg5 17. Lxg5 Saxc4? 18. Dg3 Kh8 19.Lxd8 Dxd8 20. b3 Sa5 21. Tf4 Sd5 22. Tg4 Tg8 23. Th4 h6 24. Dh3 Dg5 25. Tf1 Tf8 26. Sf4 Sxf4 27. Txf4 Dg6 28. Dc3 Sc6 29. Dc5 Kg8 30. b4 a6 31. b5 axb5 32. Dxb5 Sd8 33. De2 Dg5 34. Tg4 De7 35. Tf3 f6 36. Tfg3 Tf7 37. Tg6 Kh7 38. Dg4 f5?? 39. Txh6+! Kxh6 40. Dg6#

Theoretisch könnte der Bericht an dieser Stelle zu Ende sein, wäre da nicht unsere Heimreise gewesen, die so spektakulär und aufregend verlief, dass man dieses Kapitel einfach nicht weglassen kann. Frei nach dem Motto:

Eine Bahnfahrt, die ist lustig ...



Alles fing damit an, dass sich unsere Braunfelser Schachfreunde wieder einmal bereiterklärten, uns zum Bahnhof nach Wetzlar zu bringen. Wir verabschiedeten uns also von Ulla, die wieder mit dem Auto nach Wolfsburg fuhr und von Christine, die noch einen Tag im schönen Braunfels verbrachte. In Wetzlar kamen wir 40 Minuten vor Ankunft unseres Zuges an und beschlossen daher, noch eine Kleinigkeit zu essen. Die planmäßige Abfahrtszeit war um 16:48 Uhr. Wir ahnten nicht, dass man es in Wetzlar wohl offensichtlich etwas langsamer anging als anderswo. Und so bekamen wir unser Essen um 16:41 Uhr. Wir gaben uns 4 Minuten zum Essen, damit wir noch rechtzeitig zu unserem Zug hasten konnten. Gesagt, getan. Am Bahnsteig angekommen, prüften wir zunächst, ob der Zug tatsächlich von diesem Gleis fuhr, um die Aktion des letzten Jahres zu vermeiden (Insider wissen, wie viel Sekunden man vom Gleis 5 auf Gleis 1 benötigt). Und dann kam auch schon die Durchsage, dass unser Zug ca. 10 Minuten Verspätung haben wird. Wir hatten aber nur 7 Minuten Umsteigezeit in Gießen. Das fing ja gut an. Als der Schaffner (... ähh, ich meine Zugbegleiter) durchsagte, dass unser IC nicht auf uns warten würde, waren wir mehr als verärgert, da wir Kieler sowieso erst um 23:36 Uhr in Kiel ankommen sollten. Übrigens der Grund, warum unser Zug Verspätung hatte, war, weil dieser auf Reisende gewartet hat. Es war sehr schwer in dieser Situation, das erbetene Verständnis aufzubringen.

Wir kamen also mit 9 Minuten Verspätung völlig frustriert in Gießen an und stellten uns an die lange Schlange am Service Point an. Wie man uns hier entgegentrat, war untypisch für die Dt. Bahn und hat uns wieder milde gestimmt. Man konnte den Eindruck gewinnen, die seien kompetent. Die Frau am Service Point stellte uns eine neue Bescheinigung für einen ICE aus, mit dem wir sogar um die gleiche Uhrzeit in HH bzw. in Kiel sein sollten, wie ursprünglich geplant. Als wir auch noch unsere Fahrkarten an Ort und Stelle erstattet bekamen, hatte uns die Dt. Bahn als zufriedene Kunden wiedergewonnen.

Auf dem Bahnsteig nach Kassel waren natürlich unheimlich viele Menschen, so dass wir beschlossen uns aufzuteilen. Wir haben auch noch eine Frau auf unserer Karte mitfahren lassen, die aus dem Zug geschmissen wurde, da sie mit dem Fahrrad reiste, zwar eine Fahrkarte für sich und ihr Fahrrad hatte aber leider keine Fahrradreservierung. Logisch, oder?!

Kurze Zeit später der Schock. "Sehr geehrte Fahrgäste, leider ist die Teilstrecke nach Kassel aufgrund von Unwetterschäden und Reparaturarbeiten einseitig gesperrt, so dass wir zunächst andere Züge durchlassen müssen, bevor wir unsere Fahrt fortsetzen. Unsere Verspätung beträgt momentan 20 Minuten" Großartig! Denn wir hatten nur 17 Minuten Umsteigezeit in Kassel. Das Unwetter war 2 Tage her. Es ist keine Frage, dass die Strecke repariert werden muss und auch dass wir andere Züge durchlassen mussten, war ok. Aber: die Schäden befanden sich nur wenige Kilometer hinter Gießen. Kommunikation untereinander in der Dt. Bahn AG Fehlanzeige, denn sonst hätte man uns nicht einen Zug aufgeschrieben, den wir sowieso mit 100%-iger Sicherheit verpassen würden. Und wieder brauchten wir eine Bescheinigung.

Da sich der Schaffner weder auf Bahnhöfen noch im Zug blicken ließ (wir vermuteten, er hatte Angst) beschlossen wir, zu ihm zu gehen. Offensichtlich kamen auch andere so spät auf die Idee aber, wie in Gießen, mussten wir uns an die Schlange anstellen, weil wir die Bescheinigung über die Verspätung benötigten. Als wir endlich an die Reihe kamen, waren wir kurz vor Kassel, mit 49 Minuten Verspätung. Wir erkundigten uns nach unserem neuen Zug. Um diesen zu erreichen, hatten wir 30 Minuten Zeit. Man könnte meinen, dies sei genug Zeit. Weit gefehlt! Auf die Frage, ob uns der Schaffner diesen Zug noch auf die Bescheinigung schreiben konnte, antwortete dieser, dass er nicht die Befugnis dazu hätte. Aber das war doch die gleiche Bescheinigung wie in Gießen...

Es folgte, was folgen musste. Wie alle anderen Bescheinigungspflichtigen rasten wir zum Service Point. Dieser war mit 2 Frauen besetzt, was aber in keinem Verhältnis zu der Länge der 2 Schlangen stand. (An diesem Tag kam ich mir in meine Kindheit zu DDR-Zeiten zurückversetzt vor. Da habe ich mich als kleines Kind auch immer beim Bäcker in die Schlange angestellt, um Brötchen zu bekommen. Und schneller als die anderen musste man auch immer sein.) Anke war etwas früher da, und so hatten wir nur 4 Leute vor uns. Wir schickten die anderen schon einmal zum Gleis. Die Minuten vergingen. Der Herr vor uns ließ sich in aller Seelenruhe 543 Verbindungen nach Nimmerland ausdrucken und bemerkte die Schlange hinter und neben ihm, die sich plötzlich wie aus dem Nichts gebildet hatte, offensichtlich nicht. Der Herr vor uns wurde bereits von der Servicekraft parallel bearbeitet. Endlich war Peter Pan fertig und es kam ein Herr an die Reihe, bei dem es um irgendwelche Kosten ging. Und wir hatten nur noch 5 Minuten Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges. Die Frau ignorierte sein Bedürfnis aber offensichtlich mehr oder weniger und so trennten sie sich im Streit. Uns war es egal. Endlich kamen wir an die Reihe. Während unserer Wartezeit stellte sich heraus, dass einige Schaffner mehr und einige weniger Rechte besaßen (ich versuche mich noch heute krampfhaft an irgendwelche Streifen auf seiner Uniform zu erinnern ...), denn die Damen hinter uns teilten uns mit, dass sie sich normalerweise die Bescheinigungen immer beim Schaffner holten.

Wie dem auch sei, wir liefen etwas schneller und erreichten unser Gleis, wo die anderen schon auf uns warteten. Eigentlich wollten wir uns wieder aufteilen, aber da fuhr der sehnlichst herbeigewünschte ICE auch schon ein. Trotzdem verteilten wir uns zunächst im Zug, wobei Sonja, Maria und ich in einem 6-Mann-Abteil landeten, in welchem nur noch ein junger Mann saß. Als auch noch ein älteres Ehepaar seine reservierten Plätze einnahm, wurde es dem offensichtlich sehr genervten jungen Mann zu viel, und er verließ das Abteil mit den Worten, er müsse in Göttingen aussteigen. Aber Sonja saß wohl auf seinem Sweatshirt. Er bemerkte dies, kam wieder und haute Sonja sein geliebtes Kleidungsstück fast um die Ohren und ward nicht mehr gesehen. Als auch das ältere Ehepaar nach Göttingen ausstieg, konnten wir uns wieder als Mannschaft vereinen und sahen einer ruhigen Fahrt nach Hamburg entgegen.

Wir hatten nur noch ein Problem zu überwinden, was mit der Dt. Bahn zusammenhängt. Alle, bis auf Anke, mussten in Hamburg Hbf aus- bzw. umsteigen. Leider liegt das eine Station vor Hamburg Altona. Nun möchte man sagen, bei dieser einen Station wird wohl kein Schaffner etwas sagen, da sie ja nur 5 Minuten entfernt war. Aber nach all dem, was wir mit der Dt. Bahn durchgemacht haben, wollten wir uns nicht auf unser Glück verlassen und den Schaffner informieren.

Als dieser an unserem Abteil vorbeiging, hielten wir ihn mit den Worten auf: "Entschuldigen Sie bitte ...." Seine Reaktion kam wie aus der Pistole geschossen "Ich habe gar keine Zeit." Wir vermuten, es gibt Dt. Bahn-Seminare mit dem wesentlichen Inhalt "Wir werde ich Kunden, die aussehen, als würden sie etwas fragen wollen, am schnellsten wieder los..." oder so ähnlich. Als wir unser Anliegen dann doch formulieren durften, willigte er ein. Wahrscheinlich in dem Wissen, dass, wenn er nein sagen würde, er sich noch in einer Diskussion mit uns auseinandersetzen müsste. Und das gilt es ja unbedingt zu vermeiden.

In Hamburg angekommen, war auch schon Sabrinas Vater da, welcher sie und Inga abholte. Wir Kieler verbrachten unsere Stunde Aufenthalt bei McDonalds und waren dann pünktlich um 0:39 Uhr in Kiel, wo wir mit Nachtbussen endlich nach Hause fuhren konnten.

So, nun habt ihr einen Eindruck bekommen können, wie schön, aufregend und spannend dieses Braunfels-Turnier ist und dass es sich für jede schleswig-holsteinische Frau lohnt, einmal Teil dieser fantastischen Mannschaft zu sein.

Auf die Teilnahme von Bayern und Schleswig-Holstein im nächsten Jahr.

Eure Nadine

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